Tag 39. – 40. – Mein erster Ultra-Trail
Ein Ultralauf ist eine Strecke, welche mehr als 42 Kilometer umfasst. Bei einem Ultra-Trail kommen noch einige Höhenmeter und zum Teil rutschiges Terrain hinzu.
Was kann der Körper leisten – Lust auf einen Ultra-Trail?
Wir trainieren jetzt schon fast 40 Tage intensiv, also war es an der Zeit herauszufinden, zu was der Körper in der Lage ist. So haben wir uns entschieden, eine Strecke von 69 Kilometern mit über 1800 Höhenmetern zu laufen. Wir sind mit dem Bus nach Sebnitz gefahren und von dort ging die wilde Reise durch die schöne sächsische Schweiz bis nach Dresden zurück. Natürlich zu Fuß und größtenteils im Lauftempo.
Es fing stürmisch an, die Laufweste war schwer, die Beine fühlten sich die ersten Kilometer noch müde an. Nach gut 10 Kilometern kam der Elan, die Freude und natürlich der Respekt auf die kommenden 60 Kilometer. Bis zur Halbmarathon Distanz von 21 Kilometern lief noch alles perfekt. Die Schuhe drückten nicht, die Kondition war mehr als zufrieden stellend und die Versorgung mit Gels, Wasser, Salztabletten und Riegeln war einwandfrei. Bei Kilometer 34 machten wir eine größere Pause mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr, und Nahrungsaufnahme. Es folgten einige Dehnungsübungen und Schwunggymnastik. Nach 42 Kilometern realisierten wir, dass wir jetzt die Marathondistanz geknackt haben.
Der Beginn eines Ultra-Trails
Von hier an begann eigentlich erst der Ultra-Trail. Das habe ich auch so wahrgenommen. Meinem Lauffreund und Bruder ging´s durchweg gut, ich hingegen hatte das ein oder andere Mal mit sogenannten Tiefphasen zu kämpfen, bei denen ich tatsächlich am liebsten abgebrochen hätte. Aber wenn man zu zweit läuft, dann ist die Motivation deutlich höher und der Andere zieht einen irgendwie mit. Bei Kilometer 50 setzte mein erstes „Runners-High“ ein. Ich habe das Laufen nicht mehr wahrgenommen, mein Körper war kaum zu fühlen, nur das Auf und Ab und die Atmung war noch erfahrbar. Ich kam in einen sogenannten „No-Mind“ Zustand, gepaart mit einem wahnsinnigen Glücksgefühl, welches mich einhüllte. Dies war ein äußerst emotionaler und schöner Moment. Bei Kilometer 60 kam ich wirklich an meine Grenzen. Ich konnte mich nur noch mit der Zufuhr von Gels aus den Tiefs befreien und das Loslaufen nach einer kleinen Pause war die reinste Qual. Ich staune noch immer über die Leistung meines Bruders, er hat nicht einmal geäußert, dass er keine Kraft mehr hat oder sonstiges. Maximaler Respekt an dieser Stelle. Bei Kilometer 62 kam dann meine Geheimwaffe zum Einsatz. Wir haben uns entschieden, von da an mit Kopfhörern und motivierender Musik zu laufen. Außer, dass sich jeder Kilometer wie eine halbe Weltreise angefühlt hat, war an das Aufgeben nicht mehr zu denken. Nach 9 Stunden und 30 Minuten erreichten wir unser Ziel. Die Euphorie überspielte nahezu alle körperlichen Symptome. Jeder Leser kann sich vorstellen, wie ich ins Bett gefallen bin. Müde, erschöpft und total glücklich.
Der nächste Tag war dann doch ziemlich anspruchsvoll. Immerhin keinerlei Blasen, dank Zehensocken an den Füßen. Jedoch war mein Muskelkater eher eine Muskelraubkatze. Durch einige Spaziergänge konnte ich allerdings den Schmerz verringern und am nächsten Tag stand ich schon wieder in völliger Bereitschaft und Begeisterung meinen Patienten gegenüber.